„Queer Easter“ 2015: Selbstbewusst jenseits der Norm

07.04.2015 | 

Zum 16. „Queer Easter“-Seminar sind über 100 junge Menschen aus ganz Europa und Nahost nach Werftpfuhl gekommen. Vom 30.03. - 06.04.2015 haben sie nach Wegen gesucht, wie ein positives Verhältnis zur eigenen Sexualität und zum eigenen Körper jenseits von gesellschaftlichen Normen und Idealen gelebt werden kann.

Weithin sichtbar: die Regenbogenfahne weht in Werftpfuhl.

„Queer“ - so nannte man früher im Englischen Menschen, die auf seltsame Weise anders wirkten, die als „quer zur Norm“ galten. Der Begriff wurde in den letzten Jahrzehnten von Aktivist_innen aufgegriffen und in eine positive Selbstbezeichnung verwandelt. Auf die eigene Identität stolz sein zu können – sei sie schwul, lesbisch, transsexuell, transgender oder einfach „queer“ – darum geht es den jungen Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren, die über Ostern am 16. „Queer Easter“-Seminar in der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein teilgenommen haben. Über 100 Leute aus 15 Nationen in Europa und Nahost sind nach Werftpfuhl bei Werneuchen gekommen, um sich miteinander auszutauschen und weiterzubilden.

In der Seminarwoche ging es darum, wie eine positive Sichtweise auf die eigene Sexualität und den eigenen Körper gelebt werden kann.

Normen - künstlerisch aufgelöst.

Bildungsreferentin Jane Baneth, die das Treffen organisiert hat, beschreibt das Problem: „In der Gesellschaft sind Normen und Ideale weit verbreitet: Es werden zum Beispiel nur ganz bestimmte Menschen als schön oder 'sexy' angesehen, und nur diesen Menschen ist es vorbehalten, sich und ihre Sexualität offen zu zeigen und darüber zu reden.“

Wer nicht dem idealen Körperbild entsprechen würde und zum Beispiel als zu alt oder zu dick gelte oder eine körperliche Beeinträchtigung hat, werde zuweilen sogar öffentlich dafür angefeindet. Gleiches gelte für Menschen, die ihre eigene Sexualität öffentlich leben: „In vielen europäischen Ländern ist schon ein Kuss zwischen Männern auf der Straße Anlass genug für Übergriffe auf sie“, so Baneth. „Deshalb war es uns wichtig, gemeinsam darüber nachzudenken, was wir tun können, damit alle Menschen selbstbestimmt und ohne Diskriminierungen mit ihrem Körper und ihrer Sexualität umgehen können“, beschreibt Baneth das Ziel.

Die Teilnehmenden haben in der Woche in verschiedenen selbstorganisierten Workshops auf Englisch gearbeitet.

Themen, die zur Sprache kamen: Ergebnis eines Brainstormings

In Kleingruppen haben sie analysiert, wie sich Sexualmoral und Normen gebildet haben und welche historischen Gegenbewegungen es gegeben hat. Der Einfluss der Medien und der Vermarktung von Sex war ebenso ein Thema wie die Rolle von Bildung und Erziehung. Die Erkenntnisse wurden einander auf kreative Weise präsentiert. Ein Ergebnis ist hier zu sehen: Was in der Sexualkunde bisher fehlt.

Ein Highlight der Woche bildete der „Trans*gender Day of Visibility“, der am 31. März begangen wird. An diesem Tag finden weltweit Aktionen statt, die zum Ziel haben, die „Sichtbarkeit“ von Menschen mit einer Trans*-Identität zu erhöhen und ihnen zu ermöglichen, öffentlich sie selbst sein zu können. „Weil der 'Trans*-Visible-Day genau zu unserem Thema passte, haben wir ihn zum Anlass genommen, uns darüber auszutauschen, wie wir Trans*-Personen in unseren eigenen Organisationen besser einbeziehen können und die Thematik sichtbarer machen“, erklärt Baneth.

"Eine Atmosphäre voller Vertrauen und Anerkennung" - unter der Regenbogenfahne.

Es ist ihr wichtig, dass die Teilnehmenden aus dem Seminar neue Ideen und Impulse für die eigene politische Arbeit mitnehmen. Die meisten engagieren sich in Jugendorganisationen, die die Rechte von Menschen aus dem sogenannten „LGBT*Q“-Spektrum vertreten, viele gehören Partnerorganisationen der „SJD – Die Falken“ an, deren Bundesbildungsstätte das Haus in Werftpfuhl ist.

Der Austausch miteinander stand deshalb im Zentrum der Begegnung. „Um voneinander zu lernen und die Situation in den jeweiligen Heimatländern zu verstehen, ist eine Atmosphäre voller Vertrauen und Anerkennung ganz wichtig“, betont Baneth und zeigt sich zufrieden: „Es ist gelungen, genau eine solche Atmosphäre in der Bildungsstätte zu schaffen. Wir haben sozusagen eine Woche in einer Gegenwelt verbracht, in der die Teilnehmenden sich sicher und respektiert fühlten und ohne Angst einfach sein konnten, wie sie sind.“

„Queer Easter“ wird organisiert von der Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein in Kooperation mit den internationalen Dachverbänden der SJD – Die Falken ECOSY, IUSY und IFM-SEI.

„Queer Easter“ 2015: Selbstbewusst jenseits der Norm

„Queer Easter“ 2015: Selbstbewusst jenseits der Norm